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Abendessen im Hochwasergebiet

Wie war das mit den Mikro Abenteuern? Die sollen mal „eben so“ nach Feierabend funktionieren? Also gut: Selbst gekochtes Abendessen am Rhein! Alternativ, wenn alles überschwemmt ist, das Hochwasser bestaunen. Immerhin haben die Fähren den Betrieb eingestellt und Frachtschiffe dürfen nur verlangsamt fahren. Los geht’s!

Was ist der Plan?

Ziel: Nach Feierabend und noch vor der Dunkelheit (16:47 Uhr) am Rhein Abendessen kochen und essen.

Location: Rheinufer in der Innenstadt

Wetter: 4° C, sonnig, einzelne Wolken

Vorbereitung: 1l Wasser, Kartoffeln, Lachs, Frischkäse, Brühwürfel, Feuerstahl, Messer, Zunderbeutel, Brennholzbeutel, Feuerschutzmatte, Hobo-Kocher und Sitzunterlage einpacken.

Wie ist es gelaufen?

Vorbereitungen

Vorkochen. Fisch und Kartoffeln gare ich tagsüber vor, sodass ich im Eifer des Gefechts nichts roh esse, sondern mir im schlimmsten Fall sogar ein kaltes Festmahl bereiten kann.

Feierabend! 15:00 endet das letzte virtuelle Meeting. Schnell noch eine E-Mail und meinen Feierabend in die Zeiterfassung eintragen; Mensch, schon 15:20 Uhr. Wo sind denn die Ski-Unterhosen? Ich werde da ja einen Moment im Kalten sitzen. Verdammt – schon 15:30 Uhr, bis ich wirklich zur Tür raus bin. In 1¼ Stunden geht die Sonne unter …

Hindernisse

Alles ist gegen mich! Der Straßenbahn kann ich nur noch hinterher winken. Ok, langsam! Durchatmen.

Eigentlich wollte ich an die Stelle, die ich bei meinem Morgen-Abenteuer genutzt hatte. Da ist das Ufer relativ breit und der Fluss muss eine Weile steigen, bis er das komplett überschwemmt.

Umdenken. Manchmal hilft es mir, Dinge, die ich nicht beeinflussen kann, als Impuls für mein aktuelles Handeln zu nutzen. Quasi als „Wink des Schicksals“. Die Bahn ist weg. Vielleicht soll ich da dann nicht hinfahren. Wer weiß, ob da am Ende doch überschwemmt ist. Mit der Bahn, die in 2 Minuten kommt, bin ich in weniger als 10 Minuten am Rheinufer. Zwar mitten in der Stadt. Aber ich kann vorher von der Brücke aus schon mal einen Blick auf den Fluss werfen.

Hochwasser. Oha! Aber wirklich… Das sehe ich schon aus der Bahn. Gefühlt ist der Fluss doppelt so breit wie sonst. Und die Ufer sind komplett „landunter“. Na ja, dann erkunde ich halt mal das andere Rheinufer. Da sind Wiesenflächen und da war ich noch nie.

Fahrscheinkontrolle! Auch das noch. An der Haltestelle, an der ich aussteigen will, blockieren Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe und die Polizei alle Türen. Wer aussteigt, muss den Fahrschein vorzeigen… Das kostet noch mal Zeit und ist nicht wirklich Corona-konform organisiert. Aber hilft ja nichts. Kann ich nicht beeinflussen.

Hindernisse überwunden

Auf dem Weg zum Fluss. Durch ein paar Seitenstraßen gelange ich zum Ufer. Ja, der kleine Sandstrand, an dem ich manchmal war, ist komplett überflutet. Ich mache mich auf Erkundungstour, den Fluss entlang.

Das Schicksal meint es gut. Keine 30 Meter weiter stoße ich auf einen Trampelpfad, der zum Ufer herunterführt. Und das ist nicht überschwemmt. Da liegt sogar ein dicker Stamm, auf dem ich bequem sitzen kann. Der Blick direkt auf den Fluss und die Abendsonne. Wer hat das denn alles für mich aufgebaut? Sogar ein bisschen Gebüsch ist als Sichtschutz zwischen dem Fußweg und mir.

Einziger Wermutstropfen: Es ist nicht gerade sauber. Der Fluss und das Bonner Partyvolk haben ihren Müll angespült. Aber gut, da wo ich sitze, habe ich einen halbwegs aufgeräumten Blick. Den Rest ignoriere ich.

Heiße Küche

Anfeuern. Den Hobo-Kocher baue ich mittlerweile routiniert zusammen. Ich habe trockenes Holz von zu Hause mit und mache mir hier am Rhein keine Mühe, Brennmaterial vor Ort zu finden. Holz ist zwar viel da, aber alles angeschwemmt und gut durchgeweicht. Mit dem mitgebrachten Holz gelingt mir ein praktisch rauchfreies Feuer. Cool.

Feuerschutz. Ich habe mir mittlerweile eine Feuerschutzmatte gekauft. Eigentlich nutzen Handwerker, die Rohre schweißen, so eine Matte, um die Wand hinter der Schweißstelle damit zu schützen. Ich lege sie unter den Kocher.

Eigentlich nicht nötig im Sand. Aber wenn jemand sich über eine Verschmutzung beschweren sollte, kann ich zeigen, dass ich all meinen Dreck wieder mitnehme. Und so kann ich die Matte testen. Außerdem  verhindert sie, dass der Kocher im Sand einsinkt und die Luftzufuhr von unten abgeschnitten wird.

Kochen. Na ja, so wirklich kochen ist es nicht. Es gibt Eintopf. Ich mache einen guten halben Liter Wasser heiß und löse die Gemüsebrühe auf. Dann kommen Kartoffeln und Fisch dazu. Etwas Frischkäse rundet das Ganze ab.

Glut. Heute habe ich das erste Mal Hartholz im Hobo-Kocher. Daraus entsteht eine beeindruckende Glut, die viel länger hält als das Holz, das ich bisher genutzt habe. Am Ende bleibt aber auch hier nicht viel mehr als ein Esslöffel weißer Asche übrig.

Guten Appetit!

Genießen. Beim Essen gelingt mir das, was ich mir letztes Mal vorgenommen habe. Ich werde ruhig, nehme ganz bewusst wahr: Die kalte Luft, das Kreischen der Möwen, der heiße Dampf aus dem Suppentopf, das Abendrot, die Wellen, die ans Ufer plätschern, den Sand unter den Schuhen, den Geschmack im Mund. Kartoffel, Brühe, Fisch,…

Weiter genießen. Auch nach dem Essen warte ich darauf, dass die Glut langsam erlischt, damit ich den Kocher wieder einpacken kann. Ich räume alles andere schon in meinen Rucksack und kann noch mal die Fluss-Atmosphäre in mich aufnehmen und entspannen.

Heimweg. Die Sonne ist schon untergegangen, als schließlich alles abgekühlt ist und ich den Kocher wieder verpackt habe. Ich laufe zu Fuß nach Hause und bin froh um die warmen Klamotten, denn jetzt zieht die Temperatur richtig an. Und auf der Brücke pfeift der Wind. Aber ich habe ein warmes Essen im Bauch und die Mütze über beide Ohren gezogen, da ist das einfach nur schön.

17:15 Uhr. Nach knapp zwei Stunden bin ich wieder zu Hause. Das funktioniert also, so ein Mikro Abenteuer nach Feierabend.

Was habe ich gelernt?

  • Vorbereiten heißt vorbereiten. Dann spare ich mir den stressigen Aufbruch. Eigentlich hätte ich schon mit fertig gepacktem Rucksack und in kompletter Outdoor-Montur im letzten Online-Meeting sitzen können. Dann wäre ich 15:10 Uhr an der Straßenbahn gewesen. Ohne Stress.
  • Go with the flow. Hätte ich die Bahn noch bekommen, wäre ich vermutlich nicht zu warmen Abendessen gekommen, sondern hätte einen noch breiteren Fluss bestaunen können – oder hätte vor einem überfluteten Uferweg gestanden. Gut, dass ich spontan umentschieden und meinen kleinen Privatstrand entdeckt haben.
  • Solide Ware. Die Feuerschutzmatte hat gut gehalten. Die wandert ab jetzt mit ins Gepäck zum Hobo-Kocher. Vielleicht kann ich mir daraus ja sogar eine Verpackung für den Bausatz basteln. Mal sehen…
  • Einfach aber lecker. Ich bin begeistert von dem einfachen Essen, das – bewusst genossen – richtig, richtig lecker war.

There are 3 comments

  1. Toll! Dein Aufbruch nach der Arbeit und das Kochen am Rhein.
    Ich empfehle einen Brühwürfel vom Reformhaus. Den Tip habe ich von Uli.

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